Also hoffentlich kommt geht es nun bis zum Ende rein
Das Ergebnis ist bekannt: BMW
stellte 1973 die erste deutsche Serienlimousine mit Abgasturbolader vor, den 2002 Turbo. Er kam zum falschen Zeitpunkt: Die sogenannte Ölkrise und (später auch) Motorschäden schränkten das Interesse am stärksten Serien-2002 (170 PS) ein. Knapp über 1000 Stück wurden gebaut. Inzwischen jedoch war Porsche aufgewacht, brachte den ersten 911 Turbo auf die Straße (1975) und schrieb mit Turbomotoren auch im Rennsport, zunächst bei der amerikanischen Can-Am-Serie, später in der Formel 1 (drei Weltmeisterschaften), Geschichte.
Außerdem baute Porsche mit dem Typ 935 den erfolgreichsten Turbo-Rennwagen aller Zeiten.
Der guten Ordnung halber muß freilich erwähnt werden, daß Renault seit 1977 (erfolglos) die Vorreiterrolle für den Turbo in der Formel 1 spielte und die erste Fahrerweltmeisterschaft der sogenannten Turbo-Ära 1983 der Brasilianer Nelson Piquet mit einem von BMW gebauten Vierzylinder gewonnen hat. Der Motorblock stammte übrigens aus dem 2002 Turbo. Hier profitierte mal der Rennsport von der Serie. (kommt also auch vor !
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Im Motorsport jedenfalls waren die Turbolader Auslöser für eine Leistungsexplosion ohne Beispiel. Der 5,4 Liter große Porsche CanAm-Zwölfzylinder im 917 war bald mit 1200 PS unterwegs, die Hubraumzwerge (1,5 Liter) der Formel 1 kamen im Qualifying auf über 1000 PS, und Rallye-Monster der Gruppe B pendelten mit über 500 PS durch die Seealpen. Die Folge waren Einschränkungen: Dort, wo Turbomotoren noch erlaubt waren und sind, begrenzen sogenannte Airrestriktors, mit denen der Luftdurchsatz gedrosselt wird, die Höchstleistung. Die Formel 1 verbot die Turbos kurzerhand.
Bei den Serienfahrzeugen verlief die Entwicklung verhaltener. Das hatte Gründe: Ansprechverhalten und Steuerung des Ladedrucks waren anfangs noch sehr unbefriedigend, auch gab es Probleme mit der Haltbarkeit. Immerhin setzte der erste Porsche Turbo 1975 die Maßstäbe (260 PS aus 3,3 Liter Hubraum) und machte diese Form der Aufladung zum Synonym für Höchstleistung. Mit dem Saab 99 hielt der Turbolader dann 1978 Einzug bei den normalen Gebrauchslimousinen.
In Japan und den Vereinigten Staaten folgte eine ganze Reihe wenig überzeugender Turbomodelle. Als europäisches Highlight erwähnenswert ist noch der kleine Renault 5 Turbo (1980), der aus nur 1,4 Liter Hubraum 160 PS schöpfte. Ein genereller Durchbruch der Turbotechnik (für Ottomotoren) war jedoch nicht in Sicht.
Den brachte später ein wenig unerwartet der Diesel. Mit der steigenden Nachfrage des Selbstzünders in den achtziger Jahren wuchs rasch der Bedarf nach Leistung und Drehmoment, den die träge drehenden Ölbrenner nicht ohne Aufladung erfüllen konnten. Auch stellte sich bald heraus, daß die Kombination Diesel und Turbo wegen des im Vergleich zum Benziner gleichmäßigeren Durchsatzes, der fehlenden Klopfgefahr und der niedrigeren Abgastemperaturen ideal ist. Eine ganze Reihe von Turboproblemen erledigte sich damit von selbst.
Heute steht fest: Die hohe Akzeptanz und die sprunghafte Verbreitung des Dieselmotors wären ohne Turboaufladung nicht möglich gewesen. Erst der Turbo holte den Diesel aus der Ecke des zwar sparsamen, aber phlegmatischen Bauernmotors. Heute hat der Turbodiesel in der Leistung mit gleich großen (allerdings unaufgeladenen) Benzinern gleichgezogen, im Drehmoment übertrifft er diese bei weitem. Doch das ist ein Äpfel- und- Birnen- Vergleich, den die Otto-Fraktion so nicht gelten lassen will.
Wenn der Grundsatz gilt, nur ein Turbodiesel sei ein guter Diesel, dann läßt sich dieses Junktim nämlich auch auf Ottomotoren ausdehnen. Dafür gibt es schon einige gute Beispiele. Der Porsche 911 Turbo etwa, dessen 420 PS (309 kW) aus 3,6 Liter Hubraum zwar furiose Fahrleistungen ermöglichen, aber bei weitem nicht das Ende des Steigerns der Höchstleistung bedeuten. Die nächste Generation wird rund 368 kW (500 PS) realisieren können und dank variabler Turbinengeometrie noch geschmeidiger und elastischer zu fahren sein (Technik und Motor vom 22. November).
Aber auch der ebenfalls von zwei Turbos beflügelte Zwölfzylinder der neuen S-Klasse ist ein Wunder an Durchzugskraft und Antriebskomfort. Daß er mit 380 kW (517 PS) und einem maximalen Drehmoment von 830 Newtonmeter (das schon bei 1900 Umdrehungen in der Minute zur Verfügung steht und sich bis 3500/min auf dieser Höhe hält!) höchste Leistungsansprüche erfüllt, versteht sich von selbst.
Doch während sich der Turbo im Diesel auf allen Leistungs- und Hubraumebenen durchgesetzt hat, blieb er bei den Benzinern in der Regel den Spitzenmotorisierungen vorbehalten. Dies beginnt sich gerade zu ändern.
Auch Triebwerke in der kleinen und in der mittleren Klasse geraten ins Blickfeld der Turbo-Ingenieure. Denn Verbrauchs- und Abgasgesetze zwingen zu einer Verkleinerung der Aggregate - Größe (Hubraum und Zylinderzahl), die unter dem Begriff „Downsizing" gehandelt wird.
Was steckt dahinter? Ziel ist, beispielsweise mit einem kleinen Vierzylinder die Leistungs- und Drehmomentwerte eines größeren Sechszylinders zu erreichen. Dies geht nur mit Aufladung, am wirtschaftlichsten mit dem Turbo. In den vorgeschriebenen Fahrzyklen (und auch sonst bei geringer Last) liegen dann Abgaswerte und Verbrauch auf dem Niveau des kleinen Motors, ohne dass bei Bedarf auf Leistung und Drehmoment verzichtet werden muss.
Dieses Verkleinern des Hubraums oder das Herunterfahren der Motorgröße eröffnen dem Turbolader im Ottomotor ganz neue Chancen. Seinem breiten Einsatz unter diesen veränderten Vorzeichen, die nicht nur mehr Leistung bedeuten, stehen allerdings noch einige Hürden im Wege. Größte Hürde ist nach wie vor das sogenannte Turboloch. Denn wer einem Turbomotor „oben" (bei hoher Drehzahl) viel Leistung abverlangt, wird unten mit Durchzugsschwäche und verzögertem Ansprechverhalten bestraft. Aber es gibt inzwischen viele Rezepte zur Überwindung des Turbolochs, einige davon sind bereits erfolgreich im Einsatz.
Die (weitere) Miniaturisierung der inzwischen bis zu 300 000/min drehenden Strömungsmaschinen gehört dazu. Man nimmt dann eben zwei kleine Turbolader statt einem großen. Diese können parallel (Biturbo) oder in Registeranordnung geschaltet werden. Neu ist die Stufenaufladung mit einem kleinen Vorverdichter (der auch ein mechanischer Kompressor sein darf) und einem großen Turbolader für die gewünschte Endleistung. Volkswagen hat mit dem 1,4-Liter-TFSI-Motor (125 kW/170 PS und 240 Nm Drehmoment) hier einen eindrucksvollen Beitrag zum Thema „Downsizing" geleistet.
Hinzu kommen neue Turbolader-Technologien wie Turbinen mit zweiflutiger (Twin Scroll) Anströmung oder variabler Turbinengeometrie. Letzere ist beim Diesel schon lange im Einsatz, war jedoch bisher den höheren Temperaturen (bis zu 1000 Grad) im Ottomotor nicht gewachsen, Porsche wird das bei der nächsten Turbo-Generation im Griff haben.
Chancen hat auch die elektrische Unterstützung des Turboladers, wie sie der Turbolader¬Spezialist Borg Warner (früher KKK) mit dem sogenannten E- Booster anbietet. Nicht zuletzt wird auch die anspruchsvollere Peripherie in Form der Benzin-Direkteinspritzung oder des weiter verfeinerten elektronischen Motormanagements, die Verbreitung des Turbos begünstigen.
Es sieht also gut aus für die Zukunft des Abgasturboladers. Und wie es scheint, hat er nach 100 Jahren das Turbo¬loch endgültig überwunden. Schweizer Erfindungen brauchen eben etwas länger."
Alles klar ? Was lange währt---