Innovationstag 2006: BMW Fahrerassistenzsysteme. 2. BMW Group
Innovationen für Sicherheit und Freude am Fahren
2.6 Car2x – Datenaustausch für mehr Sicherheit: Kommunikation zwischen
Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur.
Bei der Auswertung von Unfallstatistiken fallen vor allem Kreuzungen als
Gefahrenpunkte auf. Die Ursache dafür liegt häufig in der falschen Einschätzung
der Verkehrssituationen durch die Fahrer. Assistenzsysteme, die gezielt an
dieser Problemsituation ansetzen, können daher nachhaltig zur Erhöhung der
Verkehrssicherheit beitragen. Im Rahmen des von der Europäischen Union
geförderten Projekts PReVENT arbeiten Forscher der BMW Group an der Entwicklung
derartiger Systeme. Sie sollen Autofahrer bei der Einschätzung der
Verkehrsituationen im Bereich des Gefahrenschwerpunktes Kreuzung unterstützen
und ihn vor möglichen Risiken warnen.
Mehr Funktionalität durch neue Kommunikationstechnologien.
Bisherige Assistenzsysteme setzen zur Situationserfassung in erster Linie auf
eine im Fahrzeug installierte Sensorik. Diese Technologien stoßen aber bei der
Erfassung komplexer Situationen rasch an ihre Grenzen. Zusätzliche Informationen
aus weiteren Quellen müssen generiert werden, um die Wahrnehmung der
Verkehrssituation zu verbessern. Kommunikationssysteme auf Basis digitaler,
drahtloser Datenübertragung ermöglichen die Entwicklung neuer, leistungsfähiger
Assistenzsysteme mit einem entsprechend größeren Funktionsspektrum. Die
zusätzlichen Daten können unter dieser Voraussetzung beispielsweise von
Lichtsignalanlagen oder auch von anderen Fahrzeugen gesendet werden.
Ampelannäherungsassistenz, Rotlichtüberfahrenswarnung und Querverkehrsassistenz
sind nur einige Beispiele für mögliche Anwendungen.
BMW
Group, Fahrerassistenzsysteme, Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation
WLAN-basierte Kommunikationssysteme ermöglichen den ständigen
Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen und Einrichtungen der
Verkehrsinfrastruktur sowie zwischen Fahrzeugen untereinander. Dadurch lassen
sich Verkehrssituationen flexibel und mit hoher Genauigkeit erfassen. So können
kritische Situationen erkannt und die Verkehrsteilnehmer rechtzeitig gewarnt
werden.
Komplexe Anforderungen an Komponenten und Datenverarbeitung.
Ein geeignetes Kommunikationssystem muss so konzipiert sein, dass alle
betroffenen Verkehrsteilnehmer und Verkehrsinfrastruktureinrichtungen die
notwendigen Informationen korrekt, unverfälscht mit minimaler zeitlicher
Verzögerung erhalten. Dabei müssen einerseits Informationen aus dem Fahrzeug wie
zum Beispiel die genaue Position, der Abstand zur Kreuzung, die Geschwindigkeit,
Beschleunigung und Verzögerung sowie ein etwaiger Richtungswechsel erfasst und
ausgetauscht werden.
So werden zum Beispiel beim Heranfahren an eine Ampel Informationen darüber,
wie sich die Signalphasen aller Ampeln einer Kreuzung entwickeln, per Funk von
der Ampelsteuerung an die Fahrzeuge in Sendereichweite übermittelt. Im Gegenzug
liefern die Fahrzeuge Informationen über ihre momentane Position und ihre
Geschwindigkeit an die Ampelsteuerung. Diese Fahrzeuginformationen können auch
als Grundlage für eine Querverkehrsassistenz dienen. Bei diesem System ist zur
Vermeidung von Unfällen bereits in der Annäherungsphase ein Hinweis auf
potenzielle Kollisionen sinnvoll. Deshalb müssen die ständig aktualisierten
Daten über die Positionen der Fahrzeuge in hoher Auflösung übermittelt werden.
Die technischen Voraussetzungen für eine praxisgerechte Verwirklichung
derartiger Funktionen stehen den Entwicklern der BMW Group bereits zur
Verfügung. Umfangreiche Tests in Fahrsimulatoren sowie mit Versuchsträgern, die
mit entsprechenden Systemen ausgestattet sind, haben viel versprechende
Ergebnisse geliefert.
Ampelassistenzen: Entscheidungshilfen für den Fahrer.
Im Rahmen des Entwicklungsprojekts PReVENT arbeiten Forscher der BMW Group
unter anderem an einem Assistenzsystem, das den Fahrer beim Heranfahren an eine
Ampel unterstützen und gleichzeitig die Missachtung roter Ampelsignale vermeiden
soll. Beim Heranfahren an eine Grünlicht zeigende Ampel reagieren Fahrer recht
unterschiedlich, weil nicht absehbar ist, wie lange die Grünphase noch dauern
wird. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass nur etwa ein Drittel
aller Fahrer mit konstanter Geschwindigkeit an die Ampel heranfährt. Die übrigen
beschleunigen oder verringern die Geschwindigkeit – ohne jedoch zu wissen, ob
ihre Reaktion der Situation gerecht wird.
BMW Group,
Fahrerassistenzsysteme, Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation,
Grünlicht-Information
Vor allem unerfahrene und ungeübte Fahrer haben Schwierigkeiten zu
entscheiden, ob sie die Kreuzung noch überqueren sollen oder besser abbremsen.
Sie sind häufig verunsichert und provozieren im Extremfall sogar Auffahrunfälle
durch plötzliches Abbremsen beim Umschalten der Ampel auf Gelb. Auch das
Beschleunigen führt nicht immer zum Erfolg. Schaltet die Ampel unerwartet früh
auf Gelb, muss umso schärfer abgebremst werden. Unnötiger Kraftstoffverbrauch
und Unbehagen beim Fahrer sind die Folgen.
Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen und Ampel.
Bei dem von den Ingenieuren der BMW Group entwickelten System werden per Funk
die aktuellen Ampeldaten wie die Länge und Entwicklung der Grün-, Gelb- und
Rotphasen sowie die Lage der Haltelinie an die Fahrzeuge übertragen, die sich
der Kreuzung nähern. Gleichzeitig ermitteln die Fahrzeuge Informationen über
ihre Fahrtrichtung, die exakte Position in der Fahrspur, den Abstand zur
Kreuzung, die Geschwindigkeit, Beschleunigung und Verzögerung sowie einen
bevorstehenden Richtungswechsel.
Durch einen speziellen Algorithmus werden im Fahrzeug die ständig
aktualisierten Daten verknüpft und eine individuelle Entscheidungshilfe für den
Fahrer erstellt. Beim Heranfahren an eine Ampel wird die benötigte Zeit bis zum
Erreichen der Kreuzung errechnet. Dabei wird abgeglichen, ob die Grünphase unter
Beibehaltung der aktuellen Geschwindigkeit noch lang genug ist, um die Kreuzung
sicher zu überqueren. Ist dies der Fall, erhält der Fahrer die Empfehlung, mit
konstanter Geschwindigkeit auf die Kreuzung zuzufahren. Stellt das System aber
fest, dass eine sichere Überfahrt nicht mehr gewährleistet ist, erhält der
Fahrer den Rat, das Tempo zu reduzieren.
Je nach Konfiguration des Systems können Informationen und Warnungen
beispielsweise in Form von Grafiken im optionalen Head-Up-Display (HUD) oder
über akustische Signale übermittelt werden. In dem Versuchsträger auf Basis
eines BMW der 5er Reihe wird während der Grünphase im HUD per Grafik eine grüne
Ampel symbolisiert und die empfohlene Annäherungsgeschwindigkeit eingeblendet.
Gefahr in Verzug: Gelbe und rote Ampelphasen.
Auch bei Gelbphasen berücksichtigt das System aktuelle Parameter wie
Geschwindigkeit und Restzeit und spricht bei Bedarf eine Warnung aus. Mit Hilfe
eines Algorithmus wird über die aktuelle Geschwindigkeit der letztmögliche
Zeitpunkt für eine Warnung ermittelt. Je nach Fahrgeschwindigkeit wird die
Warnung spätestens bei einer Distanz zwischen 30 und 50 Metern vor der
Haltelinie erteilt. So bleibt genug Zeit für ein angemessenes
Verzögerungsmanöver.
BMW
Group, Fahrerassistenzsysteme, Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation,
Rotlicht-Warnung
Steuert der Fahrer auf eine bereits auf Rotlicht geschaltete Ampel zu ohne zu
reagieren, wird er über einen optischen Warnhinweis zum Bremsen aufgefordert.
Diese Warnung erfolgt möglichst spät, um unnötige Meldungen zu vermeiden, muss
aber gleichzeitig früh genug ausgegeben werden, damit der Wagen noch rechtzeitig
zum Stehen kommen kann. Für den Fall, dass der Fahrer auf die Warnung nicht
reagiert, ist denkbar, ihn mit einem deutlicheren Warnhinweis zu einer
Notbremsung aufzufordern. Laborversuche haben gezeigt, dass eine rechtzeitige
Warnung ausreicht, um kritische Situationen zu entschärfen – eine automatische
Bremsung durch das Assistenzsystem erscheint den Forschern aufgrund dieser
Erkenntnisse nicht erforderlich. Die Kontrolle über das Fahrzeug verbleibt
vollständig auf Seiten des Fahrers. Somit wird er auch von diesem System nicht
aus seiner Verantwortung entlassen.
Mehr Verkehrssicherheit durch rege Kommunikation.
Die Forscher der BMW Group haben eine Vielzahl an Szenarien durchgespielt, um
den Einfluss von Ampel-Assistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit zu
verdeutlichen. Darüber hinaus haben sie auch die Kommunikation von Fahrzeugen
untereinander berücksichtigt. Mit einem entsprechenden System könnte
beispielsweise die Wahrnehmung von Motorrädern im Bereich von schwer einsehbaren
Kreuzungen erleichtert werden. In diesem Fall wäre es hilfreich, den Autofahrer
frühzeitig darüber zu informieren, dass sich von rechts oder links ein Motorrad
der Kreuzung nähert. So wäre die Aufmerksamkeit des Autofahrers geweckt, noch
bevor er das Zweirad sehen kann. Mit dieser Form der Kommunikation ist die
Grundlage für eine umfassende Querverkehrsassistenz gelegt.
BMW
Group, Fahrerassistenzsysteme, Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation, Notbrems-Warnung
Nicht nur im Bereich von Kreuzungen könnte der Datentransfer von Fahrzeug zu
Fahrzeug das frühzeitige und sichere Reagieren erleichtern. Konkrete Warnsignale
wären auch dazu geeignet, Autofahrer beim Bewältigen von unübersichtlichen und
potenziell gefährlichen Situationen auf Autobahnen zu unterstützen. Auch in
diesem Fall geht es darum, eine Situation trotz eingeschränkter optischer
Wahrnehmung möglichst frühzeitig zu erfassen. Wird beispielsweise ein
Motorradfahrer zu einer Vollbremsung gezwungen, könnte dieses Manöver ein
Warnsignal an nachfolgende Fahrzeuge auslösen. Gewarnt würden so auch jene
Autofahrer, denen die Sicht auf das Motorrad verdeckt ist, weil zum gleichen
Zeitpunkt ein Lkw vor ihnen die Fahrspur wechselt. Dank des per Funk
übertragenen Signals wären auch sie umgehend darauf vorbereitet, ihre
Geschwindigkeit anzupassen.
Die von den Entwicklern beschriebenen Szenarien zeigen eindrucksvoll, wie
groß das Potenzial einer Kommunikationstechnik für Fahrzeuge und
Verkehrsinfrastruktur ist. Vor allem die besonders unfallträchtigen Situationen
des Alltagsverkehrs könnten erheblich entschärft werden. Der Datentransfer
könnte die optische Wahrnehmung der Verkehrsteilnehmer sinnvoll
ergänzen und so zu einem erheblichen Sicherheitsgewinn führen.
Quelle: BMW Presse-Information vom 10.07.2006
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