Kategorie: Klassik 12.04.2007
90 Jahre BMW – Markenzeichen der Innovation
Seit 90 Jahren zieht sich Innovationskraft wie ein roter Faden durch die
Geschichte von BMW. Entscheidend getragen und initiiert wurden die
Neuerungen der weißblauen Marke von Kreativität, Können und Konsequenz
der Mitarbeiter. Die dabei entstandenen Produkte verbanden auf
eine charakteristische Art bewährte und neue Technologien zu einem
hochwertigen und wegweisenden Ganzen.
90 Jahre BMW - BMW Flugmotoren
Flugmotor BMW IIIa, erster BMW Motor, 1917
1917 spielte all dies zusammen. Im Februar hatte ein neuer Chefkonstrukteur
seine Arbeit bei den Rapp-Motorenwerken aufgenommen. Max Friz kam
von der Daimler Motoren-Gesellschaft nach München, im Gepäck die Idee für
einen Flugmotor, den er dort nicht hatte verwirklichen können: Durch
Überbemessen und Überverdichten wollte er ein Triebwerk bauen, mit dem
ein Flugzeug größere Höhen als bisher erreichen konnte.
Genau das war die vordringlichste Anforderung, die das Militär während des
Ersten Weltkrieges an die Triebwerkproduzenten stellte. Eine größere
Höhe war gleichbedeutend mit einem strategischen Vorteil für den Piloten.
Da die Luftdichte mit steigender Höhe abnimmt, ging konventionellen
Motoren oberhalb 3.000 Meter aber buchstäblich die Luft aus. Ein Triebwerk
mit überdimensioniertem Hubraum und erhöhter Verdichtung arbeitet
in dünner Luft dagegen wie ein normal bemessener Motor auf dem Boden.
Andererseits muss ein solcher Motor in Bodennähe gedrosselt werden,
um eine Überlastung der Bauteile zu vermeiden.
Leichtbau: Kolben und Kurbelgehäuse aus Aluminium.
Friz nahm mit diesem Konzept einen Lösungsvorschlag auf, den
Wilhelm Maybach ein Jahr zuvor gemacht hatte, der aber nicht in Serienfertigung
ging. Denn Höhenleistung war zwar vordringlich, aber längst
nicht alles: Gleichzeitig mussten die Motoren möglichst robust, leicht, und
aerodynamisch günstig sein. Friz’ innovativer Ansatz lag darin, dass er
Maybachs Idee mit bewährten Technologien kombinierte. Am 20. Mai 1917
registrierte die Entwicklungsdokumentation die erste Konstruktionszeichnung
für den neuen Motor. Der Ingenieur legte ihn als Reihensechszylinder aus,
was optimalen Massenausgleich und damit geringe Vibrationen garantierte.
BMW Bildzeichen in
chronologischer Reihenfolge: 1917, 1933, 1954, 1974 (nur BMW Motorsport), 1979, 2007
Für die frühen Flugzeugkonstruktionen bedeutete das eine wesentliche
strukturelle Entlastung. Die schmale Stirnfläche und die kompakte Anordnung
der Nebenaggregate boten zudem einen niedrigen Luftwiderstand.
Der überdimensionierte Hubraum von 19 Litern und die hohe Verdichtung
erforderten allerdings auch relativ große Bauteile. Um das Mehrgewicht in
Grenzen zu halten, sah Friz ein Kurbelgehäuse und Kolben aus Aluminium vor.
Zylinderkopf und Zylinder bildeten bei Friz’ Entwurf eine untrennbare Einheit:
Die Laufbüchsen aus Stahl wurden einfach in den weit heruntergezogenen
Kopf eingeschraubt. Damit vermied er den Einsatz einer kritischen
Zylinderkopfdichtung. Trockensumpfschmierung und Doppelzündung sollten
für sichere Ölversorgung und zuverlässigen Motorlauf sorgen. Wie modern
die Konstruktion war, lässt sich darüber hinaus auch an der Ventilsteuerung
erkennen: die Ventile wurden über Kipphebel von einer obenliegenden
Nockenwelle angetrieben und für deren Antrieb sorgte nicht eine Kette,
sondern eine senkrechte Königswelle.
Höhenvergaser verbessert Leistung und Verbrauch.
Eine der wichtigsten Komponenten des innovativen Motors konstruierte
Friz mit dem speziellen Höhenvergaser. Ein System von drei Mischkammern,
je drei Luft- und Krafttstoffdüsen sowie fünf Drosselklappen wirkte so
zusammen, dass das Gemisch der jeweiligen Flughöhe angepasst werden
konnte. Der Pilot verfügte dazu über zwei Hebel für Normal- beziehungsweise
Höhengas. Diese Gemischegelung sollte dem Motor später ein
hervorragendes Verhältnis zwischen Leistung und Verbrauch bescheren.
Die Konstruktionszeichnungen waren noch nicht einmal ganz abgeschlossen,
als im Juli 1917 eine Kommission der Reichwehr die Rapp-Motorenwerke
besuchte, um sich über das Projekt zu informieren. Nachdem Friz seine
Konstruktion präsentiert und erklärt hatte, waren die Militärs derart
überzeugt,
das sie umgehend 600 Stück des Triebwerks orderten – schnellstmöglich.
Der Geburtstag: 21. Juli 1917.
Dieser völlig überraschende Erfolg der bisher eher glücklosen Rapp-Motorenwerke
zog eine Neuordnung des Unternehmens nach sich. Firmengründer
Karl Rapp schied aus der Firma aus und nur wenige Tage nach dem Besuch
der preußischen Offiziere beschloss die Gesellschafterversammlung einen
neuen Namen: Bayerische Motoren Werke. Ein Tag später, am 21. Juli 1917,
erfolgte der entsprechende Eintrag ins Handelsregister. Offiziell wird es zwei
Tage später: Am 23. Juli schreibt die Geschäftsleitung an das
Kriegsministerium: „Wir erlauben uns höfl. mitzuteilen, dass wir unseren
Firmennamen ab heute in Bayerische Motoren Werke abgeändert haben.“
Stationen einer Entwicklung: 1919:
Höhenflugweltrekord mit BMW Motor - 9.760 m
Allerdings prangte auf dem Briefkopf noch immer der alte Namen und das
Signet, ein Pferd in der Silhouette einer schwarzen Schachfigur als Symbol für
den Namen Rapp. In Anlehnung an die neue Firmenbezeichnung
verschwand der Springer und wurde durch die weißblauen Landesfarben
ersetzt. Weil der neue Name zu lang war, wurde er auf drei Buchstaben
verkürzt: BMW. Am 5. Oktober registrierte das kaiserliche Patentamt das neue
Logo als Warenzeichen.
Als der erste BMW Motor am 23. Dezember 1917 mit dem Doppeldecker
Rumpler C IV vom Boden abhebt, trägt er die Bezeichnung IIIa, entsprechend
der Klassifizierung der Militärs, und das neue Markenzeichen. Das 185
PSTriebwerk
erfüllt alle Erwartungen der Auftraggeber und sie ordern insgesamt
2.500 Stück. Es werden bis Kriegsende zwar nicht mehr alle gebaut,
aber die eingesetzten Motoren begründen mit ihrer Zuverlässigkeit, Leistung
und Wirtschaftlichkeit den Ruf der Marke BMW.
Höhenweltrekord: 9.760 Meter.
Auf Basis des Erfolgsmotors entwickelten die Ingenieure in den letzten
Kriegsmonaten weitere Varianten, darunter auch den hubraumgrößeren und
250 PS starken BMW IV. Mit diesem Triebwerk erreicht der Testpilot
Zeno Diemer am 9. Juni 1919 eine Höhe von 9.760 Meter. Niemand zuvor
hatte eine solche Höhe erreicht. Max Friz’ innovatives Motorenkonzept
hatte eindrucksvoll sein Potenzial unter Beweis gestellt.
Zwölfzylinder mit Magnesiumgehäuse für den Schienenzeppelin.
"Schienenzeppelin" mit Flugmotor
BMW VI, der 1931 auf der Strecke Berlin-Hamburg die Geschwindigkeit von 230
km/h erreichte
Als Mitte der 20er Jahre die Restriktionen für die deutsche Luftfahrt gelockert
wurden, diente der Sechszylindermotor erneut als Ausgangsbasis für die
Weiterentwicklung der BMW Flugmotoren. Gefragt waren große Maschinen
mit hohen Dauerleistungen. Erneut wählten die Konstrukteure einen Weg,
der bis heute charakteristisch für BMW Innovationen ist: Optimierung eines
bewährten technischen Grundentwurfes, ergänzt durch wegweisende
und zuverlässige Neuerungen. In diesem Fall entstand 1924 aus
Verdoppelung des BMW IV Sechszylinders ein Zwölfzylinder V-Motor mit
580 PS Dauerleistung. Um Gewicht einzusparen wurde nicht nur Aluminium
eingesetzt, das Kurbelgehäuse bestand in einigen Varianten aus Magnesium.
Das kraftvolle Triebwerk mit der Bezeichnung BMW VI wurde zum Maßstab
seiner Zeit: Zahllose Maschinen vertrauten bei ihren Erst- und Rekordflügen auf den V12 als Antrieb.
Franz Zeno Diemer vor seinem
Höhenweltrekord am 17.06.1919
Und nicht nur sie: Besonders spektakulär war Anfang
der 30er Jahre der Einsatz im Schienenzeppelin, einem Hochgeschwindigkeitszug
mit Druckluftschrauben-Antrieb im Heck. Das BMW Triebwerk
beschleunigte das stromlinienförmige Schienenfahrzeug auf 230 km/h und
sorgte damit erneut für einen Weltrekord. Der Motor wurde nicht nur
von München in alle Welt geliefert, Lizenznehmer in der Tschechoslowakei,
Japan und Russland fertigten ebenfalls den BMW VI.
Ende der 20er Jahre baute BMW seine führende Stellung als Flugmotorenhersteller
weiter aus und nahm zusätzlich luftgekühlte Sternmotoren in
sein Programm auf. Um mit der neuen Technologie vertraut zu werden, fertigte
man in München ab 1929 Hornet-Motoren von Pratt & Whitney in Lizenz.
Mit seinen 450 PS Leistung lag er zwar unter dem zwölfzylindrigen Bestseller
BMW VI, aber der Sternmotor war deutlich leichter.
Sternmotor mit Benzin-Direkteinspritzung.
Wieder machten sich die Entwickler an die Optimierung der bewährten
Technik. Das Ergebnis: 690 PS bei unverändertem Hubraum und nur
geringem Mehrgewicht. Kurbelgehäuse und Zylinderköpfe des neuen
BMW 132 bestanden aus Aluminium, am hinteren Kurbelwellenstumpf war
direkt ein Lader zur Höhenaufladung angeflanscht. Der Sternmotor
geriet zu einem großen Erfolg, berühmt wurde er vor allem als Antrieb der
dreimotorigen Junkers Ju 52. Im Zuge seiner Weiterentwicklung wurde
er zum Träger innovativer Technologien: So entstand mit dem BMW 132F das
erste BMW Triebwerk mit Benzin-Direkteinspritzung. Mitte der 30er Jahre
bauten die Entwickler den Neunzylinder auf das Diesel-Brennverfahren um,
ergänzten ihn um eine Teil-Wasserkühlung und tauften ihn auf die
Bezeichnung BMW 114.
Zeichnung BMW 801 A
Kommandogerät mit Beschriftung, 1939
Mit Spezialkraftstoff und Stufenaufladung erreichte der Sternmotor in seiner
letzten Entwicklungsstufe sogar die Schallgrenze von 1000 PS als
Kurzleistung. Doch auch dies war bald nicht mehr genug. Ende 1938 begann
man in München deshalb mit der Entwicklung eines Doppelsternmotors mit
14 Zylindern, zwei Siebenersterne hintereinander. Um genügend
Luftdurchlässe für die hinteren Zylinder zu schaffen, wurde der Basis-Neunzylinder entsprechend reduziert und die beiden Sterne leicht
gegeneinander versetzt. Aus knapp 42 Liter Hubraum schöpfte der rund eine
Tonne schwere BMW 801 eine Dauerleistung von 1500 PS.
Kommandogerät: Der erste mechanische „Bordcomputer“.
Mit einer innovativen Motorsteuerung vereinfachten die BMW Ingenieure die
Bedienung des Triebwerks ganz erheblich: Das sogenannte „Kommandogerät“
reduzierte das vorher übliche Hebelwerk für den Piloten auf einen einzigen
Regler und entlastete diesen merklich. Das mechanische Wunderwerk
übernahm mit höchster Zuverlässigkeit Gemisch- und Ladeluftregelung
abhängig von Last und Höhe sowie Zünd- und Luftschraubenverstellung.
Damit reduzierte es den Verbrauch und erhöhte die Betriebssicherheit.
In seiner Grundausführung verfügte der BMW 801 über Benzin-Direkteinspritzung
und mechanische Aufladung. Letztere begann man Anfang der
40er Jahre durch eine Alternative zu ersetzen: Die Aufladung mit Hilfe der
Strömungsenergie im Abgas. Es entstand ein Sternmotor mit Turboaufladung,
der als erstes Luftfahrt-Triebwerk mit dieser Technologie ab 1944 in
Serienfertigung ging.
Frühes VANOS: 18-Zylinder mit variablen Steuerzeiten.
Um die Leistung weiter zu steigern, vergrößerten die Ingenieure im BMW 802
die Zylinderzahl auf 18. Kühlluftbleche sorgten dafür, dass trotz der geringen
Zylinderzwischenräume genügend Kühlluft an die thermisch belasteten
Stellen geführt wurde. Das Besondere an dem 2.500 PS-Triebwerk war seine
Ventilsteuerung: Ein- und Auslassventile wurden über Nockenscheiben
gesteuert, die bei laufendem Motor gegeneinander verdreht werden konnten.
Damit verfügte der BMW 802 bereits 1942 über eine Urform der
VANOSNockenwellensteuerung
heutiger BMW Automotoren: Eine Innovation die
ihrer Zeit weit voraus war.
Lesen Sie mehr zum 90jährigen BMW-Jubiläum:
BMW Motorräder
BMW Automobile
Foto-Rückblick auf 90
Jahre BMW (alle BMW Presse-Bilder zum Jubiläum im Überblick)
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom März 2007
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