Kategorie: Klassik 15.06.2009
Aufstieg in ungeahnte Höhen vor 90 Jahren - Der erste Weltrekord von BMW.
München. Die Reiseflughöhe moderner Verkehrsflugzeuge beträgt heute
zwischen zehn und zwölf Kilometern. Kaum vorstellbar, dass bereits vor 90 Jahren
ein Pilot in diese Regionen vorstoßen konnte. Es war ein BMW Motor, der am 17.
Juni 1919 den Piloten Franz Zeno Diemer bis auf 9.760 Meter brachte. Wenn es
noch eines Beweises für die Überlegenheit des ebenso genialen wie einfachen
Konzepts der BMW Höhenmotoren bedurfte: In diesem Sommer 1919 wurde er auf dem
Münchner Oberwiesenfeld erbracht, denn höher hatte kein Mensch zuvor ein
Flugzeug pilotiert.
BMW IV in einer DFW C IV Höhenflug
Am 17. Juni startete Diemer auf dem Münchner Oberwiesenfeld zu seinem
Rekordflug. Seine DFW F 37/III, ein speziell entwickeltes Höhenflugzeug der
Deutschen Flugzeugwerke, wurde von einem BMW IV Flugmotor angetrieben. Der neue
Motor BMW IV basierte auf dem bewährten BMW IIIa, eine Vergrößerung von Bohrung
und Hub um jeweils 10 mm brachte eine Leistungssteigerung von 185 auf 230 PS.
Bei strahlendem Flugwetter lieferte der Motor an diesem Sommertag konstant sehr
gute Leistung, so dass Diemer kontinuierlich höher und höher steigen konnte.
Nach 87 Minuten erreichte er eine Höhe von 9.760 Meter, kein anderes Flugzeug
war zuvor so hoch gestiegen. Später bekundete Diemer, dass der Motor noch
Reserven hatte, er selbst allerdings die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit
erreicht hatte. Schließlich hatte er in seinem freien Pilotensitz nicht nur
gegen Temperaturen von bis zu -50°C zu kämpfen, auch der geringe
Sauerstoffgehalt der Luft machte seinem Körper in dieser Höhe zu schaffen.
Was Diemer bei seinem Weltrekordflug zu schaffen machte, war während des
Ersten Weltkriegs auch das zentrale Problem aller Flugmotoren: der
Leistungs-verlust in der Höhe: Normalerweise benötigt ein Flugzeug die höchste
Leistung am Boden, um sich überhaupt in die Luft zu erheben. Mit der Entwicklung
des Flugzeugs als eigene Waffengattung änderten sich jedoch die Anforderungen.
Motorleistung war nun auch in der Höhe überlebenswichtig, um sich beispielsweise
im rasanten Steigflug feindlichen Geschwadern zu entziehen.
Barogramm des Rekordfluges von Franz Zeno Diemer
am 17.06.1919
Mit zunehmender Höhe nimmt jedoch die Luftdichte kontinuierlich ab, was zu
einem Leistungsabfall der Motoren führte. Zwei unterschiedliche Konzepte wurden
verfolgt, um dem Leistungsabfall in der dünnen Höhenluft entgegenzuwirken.
Einige Hersteller – wie etwa Daimler – setzten auf die Aufladung, bei der dem
Vergaser Luft zwangsweise mittels eines Laders zugeführt wird. Diese Technologie
war jedoch zu komplex, um sie in kurzer Zeit zur Serienreife zu bringen, und
sollte sich erst in den 1930er Jahren durchsetzen. BMW Chefkonstrukteur Max Friz
hingegen setzte beim ersten BMW Flugmotor, dem Vorläufer des Weltrekordmotors
BMW IV, auf einen überbemessenen und überverdichtenden Motor. Bei diesem
Konstruktionsprinzip wurde der Hubraum vergrößert und gleichzeitig das
Verdichtungsverhältnis erhöht. Um eine Überlastung des Motors zu verhindern,
musste er beim Start und in niedrigen Flughöhen gedrosselt werden.
Für die Anforderungen eines Höhenmotors hatte Max Friz einen speziellen
Vergaser konstruiert, der auch bei abnehmender Luftdichte konstantes
Lade-gewicht und ein gleich bleibendes Mischungsverhältnis zwischen Luft und
Kraft-stoff liefern sollte. Die Steuerung des Vergasers erfolgte über zwei
Hebel, einen für Normal- und einen für Höhengas. Durch die Bedienung dieser
beiden Hebel konnte der Pilot die Drosselklappen des BMW Vergasers so regeln,
dass jeweils das für die momentane Flughöhe günstigste Gemisch aufbereitet
wurde. Erst ab einer Flughöhe von 3.500 bis 4.000 Metern wurden die
Drosselklappen komplett geöffnet. Mit dieser Auslegung war der Leistungsverlust
des IIIa in der Höhe geringer als bei anderen Motoren.
Sportflugzeug Klemm L 25 mit Flugmotor BMW X bzw.
BMW Xa
Einer der ersten Fürsprecher war Franz Zeno Diemer, ein erfahrener Pilot, der
bereits 1913 die Flugzeugführerprüfung abgelegt hatte. Im Ersten Weltkrieg
diente er bei den Bayerischen Fliegertruppen als Testpilot. In dieser Funktion
kam er 1917 mit BMW in Kontakt, als er den Flugmotor BMW IIIa erprobte. Sein
Rekordflug im Sommer 1919 fand international Beachtung, auch wenn ihm die
offizielle Anerkennung verwehrt wurde. Denn alle Luftfahrtrekorde mussten von
der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) bestätigt werden, um Gültigkeit
zu erlangen. Deutschland gehörte zwar zu den Gründungsmitgliedern, war jedoch
aufgrund des Ersten Weltkrieges aus der FAI ausgeschieden. Deshalb wurde Diemers
Rekord nicht in die offiziellen Rekordlisten eingetragen. Doch auch ohne Urkunde
war der Aufstieg auf knapp 10.000 Meter ein sensationeller Beweis für das
Potenzial der BMW Flugmotoren.
Und die BMW Motoren überzeugten schon damals nicht nur mit hervorragenden
Leistungen, sondern auch mit einem sparsamen Verbrauch. Bereits beim ersten BMW
IIIa flossen Leichtbauelemente mit in die Konstruktion ein. So waren
Kurbel-gehäuse und Kolben aus Aluminium, was zu einem Gewicht von nur 285 kg und
einem Leistungsgewicht von 1,54 kg/PS führte. Diemers Rekordmotor, der BMW IV,
zählte gar nur 1,24 kg/PS.
Werbemotiv "Welt Höhen Rekord 9760 Meter"
Der Verbrauch dokumentiert die Überlegenheit des BMW Motors gegenüber der
Konkurrenz. Bei gedrosselter Leistung, im Bereich von 1.050 U/min, verbrauchte
der BMW IIIa mit 200 Gramm Kraftstoff pro PS und Stunde mehr als ein Drittel
weniger als ein „normaler“ Flugmotor dieser Leistungsklasse. In der Praxis
bedeutete dies: Mit einem Vorrat von 200 kg Kraftstoff, also rund 260 Litern,
hatte ein Flugzeug mit dem BMW IIIa einen Aktionsradius von 1.200 Kilometern,
während diese Kraftstoffmenge bei einem Normalmotor nur für rund 730 km
ausreichte.
Doch auch gegenüber einem anderen Verkehrsmittel war der BMW IIIa im Vorteil:
So gelangte Diemer bei einem seiner Erprobungsflüge in knapp vier Stunden von
Augsburg über Leipzig nach Döberlitz. Der BMW IIIa Motor seines Flugzeugs
verbrauchte lediglich 84 Liter Kraftstoff. Ein Automobil benötigte damals für
die gleiche Strecke 14 bis 16 Stunden bei einem Kraftstoffverbrauch von 100 bis
120 Litern.
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 15.06.2009
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