Schaltgetriebe Leitfaden

[cesa1882]

Hallo Schaltgetriebefahrer,

ich hab mir mal die Mühe gemacht (angestossen von fragol) und verschiedene Lösungsansätze zu Problemen bei Handschaltgetrieben aufnotiert. Ist alles aus der Praxis, da hab ich ein paar Jährchen von....
Soll nicht den Anspruch auf 100%ige Vollständigkeit erheben und ich bin nicht sicher, ob das hier an der richtigen Stelle steht, evtl. wird's der admin verschieben. Ach ja: ich wär überaus dankbar, wenn ein Automatenmann das gleiche für Wandlerautomaten mal auflisten würde, da hab ich nämlich keine Kenne von....

Getriebegeräusche:

Prüfung 1: Fahrzeug steht, Motor läuft, Handbremse gezogen, Leerlauf geschaltet, Kupplung getreten
Geräusch da? Wenn ja, definitiv nix aus dem Getriebe, da dieses komplett steht

Prüfung 2: gleich wie P1, aber Kupplungspedal langsam loslassen und langsam wieder reintreten. Geräusch kommt und geht? Wenn ja: Ausrücklager oder Kupplung

Prüfung 3: Gang 1 Schalten und losfahren. Geräusch läuft mit der Fahrgeschwindigkeit bzw. Motordrehzahl mit? Wenn ja: Gang 5 (bei 6Gang-Getriebe, bei 5 Gang-Getriebe 4.Gang nehmen) schalten und hochbeschleunigen. Geräuschverhalten gleich? Wenn in Abhängigkeit der Motordrehzahl: Getriebegeräusch, wenn in Abhängigkeit Fahrgeschwindigkeit: Hinterachsgeräusch, Geräusch von Kardanwelle (Mittellager) oder von den Achswellen und/oder Radnaben. Wichtig dabei: Geräusch muss in Lautstärke und Frequenz (heulen oder brummen) bei beiden Teilprüfungen identisch sein, sonst gibt’s mehrere Geräuschquellen. Generell werden Getriebegeräusche heller (gehen zu höherer Frequenz) wenn die Drehzahlen ansteigen (egal, ob Hinterachsgetriebe oder Schaltgetriebe), bei Lagern ist’s genauso.

Prüfung 4: Ist Geräusch nur in einem bestimmten geschaltetenGang laut, in den anderen Gängen leiser? Wenn ja: dann liegt’s Problem an der Gangverzahnung des lautesten Ganges.

Prüfung 5: Ist Geräusch immer abhängig und zwar direkt abhängig von der Motordrehzahl?
Wenn ja: dann liegt’s am Antriebswellenrzahnrad bzw. der Konstanten (ist das erste Zahnradpaar im Getriebe nach der Kupplung)

Prüfung 6: kracht’s beim Schalten? Nur in einem Gang? Wenn ja: dann ist die Synchronisierung dieses Ganges hinüber

Prüfung 7: kracht’s beim Schalten? In mehreren Gängen? Wenn ja: deutet auf Kupplungsproblem hin (nicht richtig bedient, verschlissen, nicht richtig entlüftet, Dampfblasenbildung im Hydrauliksystem, trennt nicht richtig)

Jetzt die Problembekämpfung:
P1: Auspuff? Motor? Weitersuchen!
P2: Kupplung und Ausrücker prüfen, leider Getriebe ausbauen
P3: geräuscherzeugendes Aggregat ausbauen und zum Fachmann damit
P4: Getriebe ausbauen und zum Fachmann, wird zerlegt und repariert; oder Tauschgetriebe
P5: wie P4
P6: wie P4
P7: wird am teuersten, da vermutlich Kupplung und Getriebe fällig


Schaltprobleme:

Dazu Erklärung des Schaltablaufs:
a) Gang 1 ist drin
b) Auskuppeln (Pedal treten)
c) Schalthebel bewegen, sodass Gang 1 Richtung Leerlauf bewegt wird: am Anfang der Bewegung gibt’s
einen kleinen Kraftaufwand, danach müsste es bis Leerlauf recht leicht gehen
d) Jetzt wird in Richtung Gang 2 bewegt, zuerst geht’s recht leicht (ca. 1cm am Schalthebel)
e) Dann steigt die Kraft an, der Schalthebel bleibt kurz stehen (wenn nicht: Sie sind Bodybuilder und
zerstören das Getriebe, oder die Synchronisierung ist schon fast am Ende), dieses ist der
Synchronpunkt und normal, Gleichlauf von Zahnrädern im Getriebe-Innern wird erzeugt
f) Wenn Gleichlauf erzeugt ist (man sagt: es ist synchronisiert), dann geht’s mit dem Hebel wieder
vorwärts (oder auch rückwärts) in Richtung Endanschlag von Gang 2, Kraftaufwand erst mal gering
(noch mal ca. 1cm)
g) Jetzt kommt ein zweiter Kraftanstieg, der ist normal wenn diese Kraft kleiner als die von e) ist (man
nennt diesen Kraftanstieg „2.Druckpunkt“), dieser ist ca. 2cm vor Endanschlag
h) Nach Überwindung des 2.Druckpunktes geht die Kraft wieder nach unten um dann nach weiteren ca.
2cm extrem anzusteigen: jetzt ist der Endanschlag erreicht, der Gang ist drin; weiter geht’s nicht!
Oder Sie sind der Bodybuilder von e) und schieben den Schalthebel ins Armaturenbrett oder ziehen
das Teil bis zur Rückbank: Dann ist Ihnen nicht zu helfen, kaufen Sie ein Automatik-Auto; aber so
gefühllos sind doch die Bodybuilder auch nicht, oder?

Prüfung 1: Schaltung eigentlich normal, aber neuerdings erheblicher Kraftaufwand am zweiten Druckpunkt? Volksmund sagt auch "hakelig" dazu. Wenn ja: deutet auch auf nicht richtig trennende Kupplung hin, Getriebeschaden ist vorprogrammiert bzw. schon da, da Synchronisierung garantiert schon geschädigt

Prüfung 2: Schaltung von Anfang an druckpunktbehaftet, mehrere Kraftpeaks bis Gang endlich drin? Einfach nur lästig? Spüren Sie Rauhigkeiten und Zähigkeiten während des Schaltvorganges? Sind Sie ein langsamer Schalter? Wollen Sie wenig Kraft investieren und nehmen dafür lange Schaltzeiten in Kauf (Fachmann sagt "cityshift" oder "die gemeine Hausfrauenschaltung" dazu, ohne Abwertung, Urquelle ist mir unbekannt)? Wenn alles ja: modifizieren Sie den Schalthebelknopf: BMW-Emblem runterreissen, drunter kommt ein Schaum zum Vorschein. Bei Holzknöpfen natürlich nicht! Diesen Schaum oder das Holz rausfräsen, ca. 2cm tief, möglichst grosser Durchmesser dieser Aushöhlung. Ins Anglergeschäft laufen und 100gr kleine Bleikugeln kaufen, dann zum Baumarkt und Stabilit Express holen. Stabilit anrühren, bisschen in die Aushöhlung einfüllen, paar Kugeln rein, wieder Stabilit, Kugeln, etc.... möglichst viele Kugeln reinfüllen, der Knopf soll nachher 80Gramm schwerer sein. Aber die Kugeln müssen alle verklebt sein, sonst rasselt’s nachher beim Schalten. Darauf achten, dass das neue BMW-Emblem noch passt, dieses nach dem Aushärten vom Stabilit (2 Stunden) wieder draufkleben. Oder gleich einen schwereren Schalthebelknopf im Zubehörladen kaufen, sieht halt nicht original bis Schei... aus. Probefahrt machen. Naaaaaaa.....
Oder: gewöhnen Sie sich ein etwas schnelleres Schalten an, Sie werden sehen, dass das Hakelige weniger wird.

Prüfung 3: Schaltung nur stark druckpunktbehaftet? Von Anfang an? Sonst keine Sauereien?
Wenn ja: Ihre Kupplung macht nicht das, was Sie wollen. 2 Möglichkeiten: Sie bedienen nicht richtig (Fachleute sagen: Synchronisierung von Fuss und Hand des Fahrers glückt nicht, was übrigens recht weit verbreitet ist (wir schätzen, dass dies fast 50% aller Endkunden nicht zu 100% beherrschen, bei den Amis sind's wohl 100%)) oder die Kupplung trennt nicht richtig; weiter zu Prüfung 4

Prüfung 4 (nicht einfach): Fahrzeug steht, Motor läuft, Handbremse angezogen, vor dem Auto hat’s mind. 5m Platz und da steht niemand!!!! Motorhaube zu, damit freie Sicht! Kupplung treten und 1.Gang einlegen. 1.Gang wieder gaaanz langsam rausnehmen, parallel dabei Kupplung langsam einkuppeln. Ziel der Übung: Sie müssen den Punkt am Schaltweg finden, wo es deutlich kracht, dieser Punkt ist etwa 1....2cm von der Endstellung entfernt. Jetzt können Sie mit dem Gaspedal das Krachen (Fachjargon: Kratzen) beeinflussen, die Kupplung muss jetzt zu sein, Pedal also ohne Fussdruck. Keine Panik, es dauert gewiss eine Weile, bis das geglückt ist, Sie werden den Motor sicher ein paar Mal abwürgen. Das ist auch der Grund, warum vor dem Auto niemad stehen darf....und warum Sie da Platz brauchen.
Wenn Sie den Punkt haben: Motor in Leerlaufdrehzahl stehen lassen, dann Kupplung schnell treten; wie lange dauert’s, bis Kratzen aufhört? Kürzer als 3 Sekunden? Wenn ja: Kupplung ist ok bzw. trennt sauber. Wenn länger als 4 sec: Kupplungsproblem

Prüfung 5 (setzt P4 voraus): Wenn Sie jetzt genügend Übung bei P4 gesammelt haben, die P4 Ihnen ein gutes Ergebnis brachte, Sie aber immer noch Ärger wie bei P3 beschrieben haben, dann prüfen Sie, ob denn die Kupplung auch bei hohen Drehzahlen sauber trennt, das tun nämlich lange nicht alle (OPEL-Fahrer müssten das kennen, die Astras und Vectras fangen alle ab 4500rpm an wieder zu schleifen, obwohl sie offen sein müssten, über andere Marken sach ich hier nix!); dazu suchen Sie wieder den Kratzpunkt von P4, treten die Kupplung ganz durch und drehen den Motor (wie gesagt: kein Gang drinne) langsam hoch bis zum Begrenzer, dieser Vorgang sollte um die 15sec dauern. Wenn's da auch nicht kratzt: dann weiss ich aus der Ferne nicht mehr zu helfen!

Jetzt die Problembekämpfung:
P1: Kupplung raus und tauschen
P2: Schalthebelmodifikation
P3: Üben mit kritischem Beifahrer
P4: Hydrauliksystem der Kupplung überprüfen, erstmal entlüften bzw. neue Suppe rein; wenn das nicht hilft:
Geber- und Nehmerzylinder checken lassen. Wenn's die nicht sind: oh je, Kupplung und Ausrücksystem raus
P5: schwierig zu lösen, oft ein Prinzipproblem, würd ich Finger von lassen, d.h. unterhalb´der kritischen Drehzahl
schalten



Hope it helps

Tom