Der BMW Hydrogen 7 Das Sicherheitskonzept: Entwicklung von
Sicherheitsstandards, Erprobung, unabhängige Zertifizierung.
- Mehrstufiges Sicherheitskonzept für Wasserstoff-Komponenten.
- Aktive Selbstüberwachung im BMW Hydrogen 7.
- Erprobung mit allen Testverfahren der Serienfahrzeugentwicklung.
Bei den von der BMW Group betriebenen Forschungen auf dem Gebiet alternativer
Antriebsenergien hat sich Wasserstoff als der am besten geeignete Treibstoff für
eine emissionsfreie automobile Zukunft herauskristallisiert. Naturgemäß hat
Wasserstoff andere Eigenschaften als Benzin oder Diesel. Daher muss der
Treibstoff anders behandelt werden. Die neue Antriebsenergie erfordert neue
Sicherheitsvorkehrungen. Hohe Priorität bei der Entwicklung und Konstruktion des
BMW Hydrogen 7 hatte ein integriertes Sicherheitskonzept als Voraussetzung
dafür, dass das Fahrzeug im Alltagsbetrieb nutzbar ist.
Da es sich beim Wasserstoffsystem des BMW Hydrogen 7 um eine Antriebsenergie
handelt, für deren Handhabung es bislang kaum Erfahrungen aus dem Alltagsbetrieb
gibt, umfasst dieses Sicherheitskonzept das gesamte Fahrzeugumfeld sowie alle
Betriebszustände, vom Fahren – zum Beispiel in einem Tunnel – über das Parken
und Betanken an der Tankstelle bis hin zur Wartung und Reparatur.
Alle Bauteile des Wasserstoffsystems wurden so ausgelegt, dass bereits durch
ihre Gestaltung eine maximale Sicherheit gewährleistet ist.
Um das Kriterium der Eigensicherheit zu erfüllen, ist außerdem dafür gesorgt,
dass sie auch im Falle einer Fehlfunktion immer in einen sicheren
Zustand verfallen. Das Fahrzeug ist darüber hinaus mit einem umfassenden,
sensorgesteuerten Selbstüberwachungssystem ausgestattet, das dem
Fahrer bei Bedarf zusätzliche Informationen zum Zustand seines Fahrzeugs
liefert. Der Fahrzeugnutzer erhält Warnhinweise über Fehlfunktion
auch dann, wenn diese für sich noch keinerlei Gefährdung darstellen.
Der BMW Hydrogen 7 hat alle Phasen des Produktentstehungsprozesses durchlaufen.
Im Verlauf der umfangreichen, klar definierten Freigabe-
und Freizeichnungsprozesse wurden höchste Qualitäts- und
Sicherheitsanforderungen abgeprüft. So wurde auch ein hoher Maßstab an die
funktionale Sicherheit aller Wasserstoff führenden Komponenten gelegt,
für die ein spezieller sicherheitsgerichteter Entwicklungsprozess
durchlaufen wurde.
Grundsätzlich geht Fortschritt auf dem Gebiet der Mobilität mit neuen
Bedien- und gegebenenfalls neuen Sicherheitsvorschriften einher.
Deshalb engagiert sich die BMW Group in vielen internationalen Gremien zur
Entwicklung einheitlich geltender Sicherheitsstandards für wasserstoffbetriebene
Fahrzeuge. Das Sicherheitskonzept des BMW Hydrogen 7 ist so ausgelegt, dass für
den Fahrer die Umstellung auf die umweltfreundliche Antriebstechnologie auch
unter den Bedingungen des Alltagsbetriebs ohne Einschränkungen möglich wird.
Sicherheitsrelevante Eigenschaften von Wasserstoff.
Ein grundlegender Unterschied von Wasserstoff im Vergleich zu Benzin oder Diesel
ist die Farb- und Geruchlosigkeit. Wasserstoff ist außerdem
15-mal leichter als die Umgebungsluft, er entweicht daher stets nach oben und
verflüchtigt sich. Würde Wasserstoff aus dem LH2-Speicher des Fahrzeugs
entweichen, entstünden daher auch keine Treibstoff-Pfützen am Boden, wie dies
bei auslaufendem Benzin oder Diesel der Fall ist.
Im LH2-Speicher ist das Element in flüssiger Form enthalten, abgekühlt auf tiefe
Minus-Temperaturen. Gerät flüssiger Wasserstoff an die Luft,
erwärmt er sich sogleich, wird gasförmig, steigt auf und verflüchtigt sich
schnell. Es entstehen, anders als bei Benzin oder Diesel, daher auch
keine umweltschädigenden Bodenbelastungen bei einer unbeabsichtigten Freisetzung
dieses Kraftstoffs.
Eine wichtige Herausforderung an die Sicherheitsvorkehrungen stellt die im
Vergleich zu Benzin oder Diesel weitaus höhere Zündfähigkeit von Wasserstoff
dar. Der Mischungsbereich des Wasserstoffs mit der Umgebungsluft, innerhalb
dessen eine Zündung erfolgen könnte, ist breiter. Dabei ist die Zündenergie von
Wasserstoff niedriger als die von Benzin oder Diesel.
In den C-Säulen stecken Sicherheitsleitungen,
über die bei Überdruck Wasserstoff über eine Öffnung im Dach abgeblasen werden
kann
Das bedeutet, dass die Energie, die zugeführt werden muss, um das Gas entzünden
zu können, geringer ist. Verbrennt Wasserstoff, so entsteht
eine nach oben gerichtete Flamme, die für das Auge nicht sichtbar ist und keinen
Rauch entwickelt. Für das Worst-Case-Szenario auf der Straße
bietet Wasserstoff im Vergleich zu Benzin oder Diesel dennoch den Vorteil einer
geringeren Brand- und einer geringeren Eskalationsgefahr am
Unfallort. Weil sich Wasserstoff schnell verflüchtigt, kann dieser auch nur
durch eine Zündquelle in unmittelbarer Nähe des ausströmenden Wasserstoffs,
das heißt dort, wo das H2-Luft-Gemisch sich in einem zündfähigen Verhältnis
befindet, entflammt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Fahrzeug zu brennen
beginnt, ist vergleichsweise gering. Außerdem könnte sich ein Brand nicht über
die für Benzin- oder Dieselkraftstoff typischen Lachen am Boden breitflächig
ausbreiten.
Entstünde eine Leckage im Wasserstofftank innerhalb eines geschlossenen Raumes
ohne Abzugsmöglichkeit, so wäre die Konzentration des
Gases aufgrund der Geruchs- und Farblosigkeit für den Menschen nicht
wahrnehmbar. Wasserstoff ist, anders als Benzin oder Diesel,
nicht giftig oder reizend, es gelten jedoch andere Regeln für den Brandschutz
als für die bislang gängigen Kraftstoffe.
Die Handhabung von Wasserstoff ist sicher, sofern die spezifischen Eigenschaften
berücksichtigt werden. Ebenso wie der Umgang mit Benzin und Diesel als
Kraftstoff, kann auch der Umgang mit Wasserstoff für den Autofahrer zu einer
Selbstverständlichkeit werden. Grundsätzlich birgt jeder Kraftstoff zwangsläufig
aufgrund seines Energieinhalts ein gewisses Gefahrenpotenzial in sich. So könnte
kein Fahrzeug mit Benzin oder Diesel angetrieben werden, wenn diese Kraftstoffe
nicht brennbar wären.
Mehrstufiges Sicherheitskonzept für die Wasserstoff-Komponenten.
Auf dem Gebiet der wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge favorisiert BMW als Pionier
die Speicherung von flüssigem, tiefkalten Wasserstoff in einem innovativen,
superisolierten Tank. Der Wasserstoff wird für die Speicherung bis zum flüssigen
Aggregatzustand heruntergekühlt. Der Vorteil im Vergleich
zum gasförmigen Zustand liegt in der deutlich höheren Speicherdichte.
So erlangt das Fahrzeug eine größere Reichweite. Die Herausforderung dieser
Lösung liegt darin, dass Wasserstoff bei Umgebungsdruck erst bei
einer Temperatur von minus 253 Grad den flüssigen Zustand erreicht und der
Kraftstoff im Tank diese niedrige Temperatur für eine möglichst lange
Zeit halten muss. Obwohl der Tank extrem gut isoliert ist, kann ein geringer
Wärmeeintrag auf seinen Inhalt nicht vermieden werden. Ein Teil der Tankfüllung
wird also im Laufe der Zeit verdampfen; der so genannte Boil-off-Effekt tritt
ein. Dieser Effekt bringt ein Ansteigen des Tankdrucks mit
sich, weil Wasserstoff in gasförmigem Zustand mehr Raum in Anspruch nimmt. Im
BMW Hydrogen 7 wird dies durch das Boil-off-Managementsystem kontrolliert. Mit
dem System wird die jeweilige Boil-off-Menge einem Katalysator zugeleitet, der
diese ohne zusätzlichen Energieaufwand zu Wasser aufoxidiert.
Tank-Entlüftung hinter der Dach-Antenne
Für den Fall einer Beschädigung der Vakuum-Superisolation des Wasserstofftanks
und des dadurch ausgelösten Temperaturanstiegs wurde der Tank zusätzlich zum
Boil-off-Managementsystem mit zwei redundanten Sicherheitsventilen versehen, die
bei einem überdurchschnittlich starken Druckaufbau den gasförmigen Wasserstoff
kontrolliert in die
Umgebung abblasen. Öffnet das erste Ventil, wird der Wasserstoff über die in den
C-Säulen verlaufenden Sicherheitsleitungen zum Fahrzeugdach
geleitet, wo er abgeblasen wird. Über das zweite Ventil wird das Gas zum
Fahrzeugunterboden geleitet, wo es ebenfalls entweichen kann.
Der LH2-Tank ist zudem hinter der Rückbank und oberhalb der Hinterachse
angeordnet und damit in einer in Bezug auf die Crashsicherheit optimalen
Position.
Alle relevanten Wasserstoff führenden Leitungen und Komponenten wurden
doppelwandig ausgeführt. Im Fall, dass die innere Hülle einer
Wasserstoff-Leitung defekt ist, sorgt die zweite Hülle dafür, dass austretender
Wasserstoff sicher nach außen abgeleitet und mittels Wasserstoff-Sensoren
schneller registriert wird. Im Falle eines diagnostizierten Austritts von
Wasserstoff werden tanknahe Absperrventile geschlossen um die
Leckage auf ein unkritisches Maß zu begrenzen.
Aktive Selbstüberwachung im BMW Hydrogen 7.
Der BMW Hydrogen 7 wurde bewusst als eigensicheres Fahrzeug konzipiert. Dies
bedeutet, dass sich das Wasserstoff-Automobil permanent selbst überwacht, dass
alle Komponenten maximale Sicherheitsanforderungen erfüllen und dass sie im
Falle einer Fehlfunktion eigenständig in einen sicheren Zustand übergehen.
Grundsätzlich befindet sich das Fahrzeug auch stromlos in sicherem Zustand. Ein
umfassendes, sensorgesteuertes
System signalisiert etwaige Funktionsstörungen aller Wasserstoff führenden
Komponenten. Dazu sind Wasserstoff-Sensoren an fünf relevanten
Positionen am Fahrzeug angebracht: im Motorraum, in der Nebensystemkapsel, in
der LH2-Tankklappe, im Innenraum und im Kofferraum. Unabhängig vom Motorbetrieb,
dem Fahrzeugbordnetz und der Instrumentenkombi leuchten bei einer
Wasserstoffdetektion rote LED-Anzeigen in den Türverriegelungsknöpfen auf.
Während der Fahrt erscheinen zusätzlich Warnmeldungen im Instrumentenkombi,
akustisch wird auf die Meldung durch einen Gong hingewiesen. Darüber hinaus wird
permanent der Zustand des Systems über Druck- und Temperatursensoren überwacht,
so dass vor dem Eintritt
eines Defekts Gegenmaßnahmen im System eingeleitet werden. Im Fall von
Wasserstoffaustritt wird die Wasserstoffversorgung abgeschaltet,
der BMW Hydrogen 7 wechselt automatisch in den Benzin-Betrieb und die
Seitenfenster öffnen selbsttätig.
Rote LED-Anzeige in der Tür schlagen bei
Wasserstoffdetekion Alarm
Der BMW Hydrogen 7 hat neben der Starterbatterie zwei zusätzliche Batterien für
die Versorgung des sensorgesteuerten Sicherheitssystems. So wird
die Gaswarnanlage unabhängig von der Starterbatterie in Betrieb gehalten. Die
Einsatzfähigkeit dieser beiden Batterien beträgt zusammen bis zu 66 Tage, sie
deckt also die gesamte Zeit der maximalen H2-Speicherung im Tank ab.
Erprobung und unabhängige Zertifizierung.
Motor- und Tanksystem sowie Fahrzeugelektronik des BMW Hydrogen 7 wurden als
integrale Bestandteile des Fahrzeugs entwickelt und haben
den gesamten Produktentstehungsprozess durchlaufen. In den für neue
BMW Modelle obligatorischen Freigabe- und Freizeichnungsprozessen wurde
sichergestellt, dass die für BMW typischen Qualitäts- und
Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Alle sicherheitsrelevanten Bauteile
wurden einem speziellen sicherheitsgerichteten Entwicklungsprozess unterworfen.
Das bedeutet, dass jedes dieser Bauteile genauesten Sicherheitsanalysen
unterzogen wurde, um festzustellen, ob es den vorher detailliert abgeleiteten
Anforderungen eines Serieneinsatzes genügt. Diese theoretischen
Analysen wurden anschließend durch spezifische Versuche bestätigt.
Für jedes relevante Bauteil wurde von externen Gutachtern die
Validität von Anforderungen an das Bauteil, theoretischer Sicherheitsbetrachtung
und Versuchsabsicherung bestätigt.
Der BMW Hydrogen 7 wurde wie jedes Serienfahrzeug allen gängigen und zusätzlich
spezifischen Crashtests mit Fokus auf die Wasserstoff-Komponenten unterzogen,
beispielsweise dem Front-Offset-Crash gemäß EURO NCAP mit einer
Aufprallgeschwindigkeit von 64 km/h, dem Heck-Crash mit 100- beziehungsweise 40-prozentiger Überdeckung sowie dem Seiten-Crash
im empfindlichsten Bereich, direkt auf die Tankkupplung.
Keiner der Crash-Tests führte zu einer kritischen Beschädigung des Tanks, seiner
Isolation oder der Wasserstoff führenden Komponenten.
Neben dem ausführlichen Komponenten- und Fahrzeugerprobungsprogramm wurde das
Verhalten des Wasserstofftanks im Rahmen auch unter Extrembedingungen wie der
Einwirkung von Flammen, dem Beschuss,
der massiven mechanischen Beschädigung sowie der Reaktion
des Kraftstoffbehälters und der Sicherheitseinrichtungen bei künstlich
herbeigeführtem Verlust des Isoliervakuums des Tanks getestet.
BMW V12 Wasserstoff/Benzin- Motor auf dem
Prüfstand
Die BMW Group hat dafür gemeinsam mit dem TÜV Süddeutschland ein umfangreiches
Programm an Unfallszenarien zusammengestellt.
Die redundanten Sicherheitsventile sorgen auch bei maximaler Belastung mit
nachweislich extrem hoher Sicherheit dafür, dass der gespeicherte Wasserstoff
ohne größere Gefährdung dosiert abgeblasen wird. In einem der verschiedenen
Brandtests wurden gefüllte Wasserstoff-Tanks bis zu
70 Minuten lang von mehr als 1000 Grad Celsius heißen Flammen umschlossen. Auch
in diesem Fall zeigten die Tanks ein unproblematisches Verhalten: Der verdampfte
Wasserstoff entwich kontrolliert und
kaum wahrnehmbar über die Sicherheitsventile. Die Ergebnisse haben das
Sicherheitskonzept des LH2-Systems uneingeschränkt bestätigt.
Für die sicherheitsrelevanten Entwicklungsprozesse wurde ein Nachweis geführt,
der nicht nur alle Entwicklungsergebnisse zusammenfasst, sondern auch die
schlüssige Herleitung der Anforderungen und die Vollständigkeit
der Versuchsabsicherung bestätigt. Sowohl für die Komponenten als auch für das
Gesamtfahrzeug wurden dazu Reviews und Assessments durch
interne und externe unabhängige Gutachter durchgeführt, unter anderem vom TÜV
sowie von weiteren spezialisierten Ingenieuren und Instituten.
Aufgrund der umfangreichen Untersuchungen kamen der TÜV Süddeutschland sowie die
beratende Feuerwehr zu dem Fazit, dass „Wasserstoff-Fahrzeuge mindestens so
sicher wie konventionelle Benzinfahrzeuge“ sind.
Regelung für das Parken in Garagen.
Weil für die Sicherheit des Flüssig-Wasserstoff-Tanks in Automobilen bislang
noch keine ausreichenden statistischen Zuverlässigkeitsdaten aus dem
Alltagsbetrieb vorliegen können, ist das Parken in geschlossenen Räumen derzeit
nicht erlaubt. Dieses Verbot bleibt aus Sorgfalt der BMW Group
den Nutzern gegenüber solange bestehen, bis eine ausreichende Zahl von
statistisch validen Daten hierzu existieren. Diese werden im langfristigen
Betrieb und zusätzlichen Absicherungsprogrammen gewonnen.
Das Fahren und kurzzeitige Halten in geschlossenen Räumen, wie zum Beispiel
Parkhäusern, die Durchfahrt beliebiger Tunnel und die Nutzung
von Waschanlagen sind hingegen erlaubt, ebenso wie das Parken in einem offenen
Carport.
Quelle: BMW Presse-Information vom 13.11.2006
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