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22.03.2009
Gastkommentar zur BMW Bilanz-Pressekonferenz 2009
Es lebe der Pessimismus – oder das verlorene Siegerlächeln!
Wer letzte Woche die Rede von BMW-Chef Norbert Reithofer zur Bilanz gehört
hat, muss Tränen in den Augen gehabt haben, so schwarz und pessimistisch malte
er. Neue Sparmaßnahmen, erweiterte Kurzarbeit, einbrechende Gewinne und
Absatzzahlen – Skepsis für die nahe Zukunft auf ganzer Linie. Nun war Reithofer
noch nie jener fröhliche Strahlemann, der charismatisch Optimismus verbreiten
kann. Seine nüchterne Art scheint so gar nicht zum optimistischen Winner-Image
des Markenkerns von BMW zu passen.
Haben sich BMW-Fahrer bislang gern mit dem Nimbus des erfolgreichen
Dynamikers geschmückt, müssten sie nach der aktuellen Reithofer-Bilanz und
–Prognose jetzt eher in Sack und Asche gehen. Denn BMW hat das Siegerlächeln
verloren, und Reithofers Rede lässt fast nur den Schluss zu, dass bei BMW
demnächst die Lichter ausgehen, wenn der Markt nicht bald wieder anzieht.
Natürlich hat er das nicht gesagt, und sein langfristiger Ausblick ließ vage
Hoffnung erkennen.
Aber auch in dieser Hoffnung sieht Reithofer schon wieder etwas Negatives.
Denn er rückt von seinem anvisierten Absatzziel 2012 ab. Statt 1,8 Millionen
Fahrzeuge werden es wohl „nur“ 1,7 Millionen. Ist das ein Grund, zu
dramatisieren? – Es gab Zeiten, da jubelte BMW, die 500.000 überschritten zu
haben.
Auch BMW-Chef Reithofer klagt also auf ziemlich hohem Niveau. Aber die
Schlagzeilen in der Presse, in denen die Wahrnehmung seiner Ausführungen
verdichtet wird, kommen allesamt zu dem Schluss, dass alles nur noch schlimmer
werden wird. Erwartet Herr Reithofer wirklich, dass nach einer solch
pessimistischen Botschaft der Kunde am nächsten Tag fröhlich zum BMW-Händler
geht und sich ein neues Auto kauft? Warum verstehen viele Wirtschaftsführer
einfach nicht, dass ihre Unternehmen und ihre Reden eine Vorbildfunktion haben.
Ich kann als Vorstandschef nicht ständig Sparmaßnahmen fordern und die
Belegschaft darauf einschwören, wie schlecht die Welt um uns herum ist, aber vom
Kunden erwarten, dass er zuversichtlich bleibt und sein Geld eben nicht (!)
spart. Der lässt sich doch von solchem Untergangszenario anstecken und fährt
seinen BMW ein paar Jahre länger.
Es ist noch nicht lange her, da kamen von BMW wöchentlich nur positive
Rekordmeldungen, in denen die ständigen Verkaufserfolge an allen Fronten
zelebriert wurden. Das war genau die richtige Strategie, das mediale Rover-Tief
vergessen zu machen und die BMW-Kunden darin zu bestärken, sich mit dem Image
einer positiv tickenden Erfolgsmarke identifizieren zu können. Dass Reithofer
nun so pessimistisch erscheint, ist nicht ganz nachvollziehbar.
Selbst wenn alles so schlimm ist – BMW ist nicht ganz unschuldig in die Krise
geraten. Heute wissen wir, dass die Markterfolge zum Beispiel in den USA auch
mit fast schon unseriös berechneten Leasingkonditionen für BMW-Produkte erkauft
worden sind, die heute finanziell voll durchschlagen. Auch die BMW-Strategen
hätten wissen müssen, dass die Gebrauchtwagenpreise höchst volatil sind und ein
Damoklesschwert für jeden Leasingvertrag bedeuten.
Wenn Norbert Reithofer davon spricht, auch weiterhin die führende
Premiummarke bleiben zu wollen, klingt das wie das Pfeifen im Wald. Im
BMW-Vierzylinder lacht man nicht mehr über den Konkurrenten aus Ingolstadt, weil
der in Sachen Wahrnehmung längst zum führenden Premiumhersteller geworden ist.
Diese Wahrnehmung im Markt hat nichts mit Absatzzahlen oder harten Fakten zu
tun. Wenn heute auf der Straße querbeet Passanten befragt würden, welche
Automarke toppremium sei, dürfte Audi ganz klar vorn liegen. Nicht BMW und auch
nicht Mercedes-Benz.
Und weil Wahrnehmung Wirklichkeit ist, wissen alle Audi-Wettbewerber, dass
sie sich sehr anstrengen müssen, um in der Oberliga mitspielen zu können. Und
das macht wieder die Qualität der gesamten deutschen Autoindustrie aus: dass sie
auf den Weltmärkten insgesamt als Produzent der besten Autos der Welt immer noch
als Maßstab gilt. Und das gilt auch für die amerikanischen Marken Ford und Opel.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Quelle: ar, Hans-Ulrich Wiersch, entnommen aus der aktuellen Ausgabe des
Branchen-Informationsdienstes „PS-Automobilreport
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